Die Sperrung der Niddabrücke macht den Geschäftsleuten der Heddernheimer Landstraße zu schaffen. Heddernheimer Gewerbetreibende bangen um ihre Existenz, weil wegen der Sanierung der Niddabrücke die Laufkundschaft ausbleibt. Die Geschäftsinhaber verzeichnen Umsatzeinbußen von bis zu 50 Prozent. Sie fürchten, dass ehemalige Kunden auch nach Abschluss der Sanierungsarbeiten fernbleiben.
Seit Ende März ist die Niddabrücke zwischen Heddernheim und Eschersheim, wie berichtet, für Autos unbefahrbar. Fußgänger und Radfahrer sind zwar nicht direkt betroffen. Doch viele meiden die von unübersichtlichen Bauzäunen gesäumte Brücke trotzdem.
Dass die Kundschaft den beschwerlichen Umweg über die Maybachbrücke nicht annimmt, bekommen vor allem die Geschäftsleute in der Heddernheimer Landstraße zu spüren.
«Kein Mensch ist auf der Straße. Jedes Mal, wenn ich an der Brücke vorbeikomme, stehen da Leute, die ihren Kopf schütteln und wieder umdrehen», beschwert sich Radmila Mendoza. Die Inhaberin von Raykas Haarstudio sorgt sich um ihre vier Mitarbeiter. «Die Kunden kommen doch nie mehr zurück, wenn die Brücke wieder befahrbar ist.» Was noch Monate dauern wird.
Den Kiosk-Besitzern Georg Zdrahal und Petros Ntaukoulis macht die ausbleibende Kundschaft ebenfalls zu schaffen: «Ich verkaufe jeden Monat für 10 000 Euro weniger Zigaretten als sonst», klagt Ntaukoulis, der seiner Frau bereits vorgeschlagen hat, den Kiosk für die restliche Bauzeit zu schließen und nach Griechenland zu ziehen.
Die Geschäftsinhaber in der Heddernheimer Landstraße sind in ihrem Kummer vereint. Denn egal, ob Reisebüro, asiatischer Schnellimbiss oder Sonnenstudio – eines ist gewiss: Kommt der Kunde gar nicht erst in eines der Geschäfte vorbei, so schwindet auch die Wahrscheinlichkeit, dass er Besorgungen in den benachbarten Läden erledigt. Für Harald Müller, den Inhaber des Heddernheimer Reisebüros, ist der wirtschaftliche Schaden schwer zu beziffern.
Gabriele Dehmer, die Leiterin des Straßenverkehrsamts, macht zum wiederholten Male geltend, dass die Sanierung der Anfang 1900 errichteten Niddabrücke unumgänglich sei. «Seit die Maßnahme bekannt ist, werden die Gewerbetreibenden bei uns vorstellig und klagen über Umsatzrückgänge. Das haben wir gewusst, ist aber an dieser Stelle nicht anders als anderswo im Stadtgebiet», sagt Dehmer.
Da dass 1,6 Millionen Euro teure Projekt aus dem Konjunkturprogramm finanziert werde, sei die Errichtung einer provisorischen Brücke von vornherein ausgeschlossen gewesen. Diese hätte die Kosten verdoppelt. Folge: Die Brückensanierung wäre gar nicht erst ins Konjunkturprogramm aufgenommen worden.
Der Zeitplan wird Frau Dehmer zufolge eingehalten. Beschwerden über die zeitweise scheinbar brachliegende Baustelle kontert sie und verweist auf umfangreiche Leitungsarbeiten. «In der abgerissenen Brücke lagen viele Versorgungs- und Telekommunikationsleitungen. Diese wurden im April neu verlegt. Dafür war Zeit jeweils nur von 1 bis 4 Uhr nachts.» Jetzt stünden die Arbeiten am Fundament der neuen Brücke an.
Dieter Schmitt, der stellvertretende Vorsitzende des Heddernheimer Gewerbevereins, moniert vor allem, dass die Stadtverwaltung einerseits das Sterben des Einzelhandels beklage und andererseits keine vorbeugende Maßnahmen ergreife. «Da wurde nichts abgestimmt.» Schmitt verlangt finanzielle Unterstützung durch die städtische Wirtschaftsförderung, um die Geschäftsbetreiber zu entlasten. Denn andernfalls könne es nicht mehr lange dauern, bis die alteingesessenen Geschäfte durch Spielhallen und Wettbüros verdrängt seien.
Amtsleiterin Dehmer bejaht, dass es vor Beginn der Baumaßnahme keine Abstimmung mit der Wirtschaftsförderung gegeben habe. Denn: «Abstimmungen zwischen Behörden sind grundsätzliche Entscheidungen, die der Frankfurter Magistrat zu treffen hat.»
Quelle: Frankfurter Neue Presse vom 25.06.2010