Ortspolitiker sorgen sich um die Nahversorgung in der Nordweststadt und der Römerstadt.
Der Ortsbeirat 8 sorgt sich um die Lebensmittelnahversorgung der südlichen Nordweststadt und der angrenzenden Römerstadtsiedlung. Das Stadtteilgremium haben Informationen erreicht, denen zufolge noch in diesem Jahr zwei Supermärkte im Quartier schließen sollen – um Platz für Wohnraum zu schaffen. Betroffen seien der Nordwest-Markt in der Bernadottestraße 41 sowie die Rewe-Filiale Im Weimel 1. „Beide sind wichtig zur wohnortnahen Versorgung der Anwohner“, meint Joachim Rotberg von der CDU-Fraktion.
Die Bedenken des Ortsbeirats seien unnötig, heißt es vonseiten des Magistrats. Für das Grundstück Im Weimel 1 gebe es zurzeit gar keinen Bauantrag und auch keine Baugenehmigung, erklärt Mark Gellert, Pressesprecher des Stadtplanungsamtes. „Hier gab es zuletzt vor über einem Jahrzehnt eine Bauberatung.“
Auch Anja Krauskopf, Pressesprecherin der Rewe Group, kann bestätigen, dass es inzwischen andere Pläne für den Supermarkt gibt. Zwar werde das Ladengeschäft Im Weimel am 11. August geschlossen, jedoch wenige Wochen später als Nahkauf von einem selbstständigen Kaufmann wiedereröffnet. „Somit bleibt die Nahversorgung an dem Standort gesichert“, erklärt Krauskopf. Wann genau der Markt eröffnet wird, könne sie derzeit noch nicht sagen.
Die Zukunft des Nordwest-Marktes indes ist ungewiss. Laut Gellert ist bei der Bauaufsicht derzeit ein allgemeiner Beratungsvorgang anhängig. Inhaber Olcay Celik hatte eigentlich fest damit gerechnet, dass er sein Geschäft nach 14 Jahren schließen muss. Vor wenigen Wochen sei dann vom Eigentümer, der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG Frankfurt-Holding, eine Verlängerung des Mietvertrags bis Ende 2019 zugesichert worden. Ab 2020 soll der Vertrag nur noch alle drei Monate verlängert werden. „Ich bin ja froh, dass ich erst mal bleiben kann, aber die Ungewissheit belastet mich schon“, räumt Celik ein.
Für Markus Bender, Erster Vorsitzender des Heddernheimer Gewerbevereins, ein klassischer Fall der Nachverdichtungsproblematik in Frankfurt. „Solche Objekte werden gerne dafür genutzt, kostengünstig Wohnraum zu schaffen“, erklärt er. Die Folge: Mehr Menschen ziehen ins Quartier, die alle versorgt werden wollen. Auch bei Olcay Celik fragen die Kunden vermehrt an, wie es mit seinem Geschäft weitergeht. Das rund einen Kilometer entfernt liegende Nordwestzentrum sei für vor allem ältere Menschen ohne Auto zu weit weg. „Die ABG hatte mir in Aussicht gestellt, das Geschäft zu verlegen“, berichtet Celik. Wohin genau, sei unklar. Für den heutigen Freitag ist ein Gespräch zwischen ihm und der Wohnungsbaugesellschaft anberaumt. „Dann erfahre ich hoffentlich mehr.“
Im Falle einer Schließung müssten sich die Anwohner eben umorientieren, meint Bender. „Es gibt immer Nischen“, sagt er, und verweist auf Tante-Emma-Läden, die plötzlich aufblühen oder Tankstellen, die ihr Sortiment erweitern. Neben Anwohnern wirke sich das Schwinden der Supermärkte auch auf gemeinnützige Hilfsorganisationen wie die Tafel aus. „Schlimm war es etwa, als der große Markt im Nordwestzentrum wegen der Umbaumaßnahmen geschlossen war.“
Für den Fachmann setzt sich in der Nordweststadt der allgegenwärtige Trend fort, dass um jeden Preis Wohnraum her muss. „Das ist der Tribut, den Einzelhandel und Bürger schon seit der Mietpreiserhöhung zahlen müssen“, beobachtet Bender.
Artikel Frankfurter Rundschau, vom 19.07.2018. Von Laura Franz