Abseits des Nordwestzentrums haben es die Einzelhändler in Alt-Heddernheim schwer, sich zu halten. Da müssen schon spezielle Angebote her.
In einem sind sich alle einig: So ganz perfekt ist die Lage für Ladenbesitzer um die Heddernheimer Landstraße herum derzeit nicht. Viele Läden haben in den vergangenen Jahren zugemacht. Das Gute: Es kann sich wieder ändern.
„Der Ortskern hat Potenzial“, sagt der neue Vorsitzende des Gewerbevereins, Marcus Bender. Dass die inhabergeführten Geschäfte den Vorteil einer direkten Beratung bieten, reiche allein nicht aus, um sich gegenüber großen Supermärkten oder Einkaufszentren zu positionieren, sagt Bender. Ideen, den Ortskern für Kunden attraktiver zu machen, gibt es viele. Doch die Vorstellungen unterscheiden sich, weil es unterschiedliche Bedürfnisse gibt.
Da ist etwa Georg Zdrahal, den sie in Heddernheim alle nur Lotto-Schorsch nennen. Paketannahme-Stelle, Schreibwaren, Zeitschriften, Lotto, klar. Er beklagt das absolute Halteverbot vor seinem Laden und plädiert für ein eingeschränktes Halteverbot. „Die Leute kommen hier für eine Minute rein, um ein Paket rauszuholen.“ Kommt die Stadtpolizei, werde kein Auge zugedrückt. Schlecht für’s Geschäft. Überhaupt, die Parkplätze: Viele Auswärtige würden Heddernheim als Park-and-Ride-Ort nutzen, um von dort aus die Bahn in die Innenstadt zu nehmen. Für Anwohner und Kunden gebe es dadurch zu wenig Möglichkeiten, die Autos abzustellen.
Eine Ecke weiter, die Straße hoch, hat Mirjam von Haza-Radlitz ihr Blumengeschäft. Auch ihr fehlen Parkplätze. Um den Stadtteil aufzuwerten, hält sie es jedoch für wichtiger, dass die Eigentümer der Gebäude die Läden an Händler vermieteten. Zu fairen Preisen, sodass sich ein Geschäft auch rentieren kann. Nicht nur seien die Mietpreise hoch. Oft würden alte Läden in Büros umgewandelt, die Schaufenster mit Jalousien abgehängt. Das locke keine Kunden in den Ortskern. „Wo es nichts zu gucken gibt, da gehst du auch nicht spazieren“, sagt von Haza-Radlitz.
Auch Marcus Bender fehlt es an optischen Anreizen, damit Kunden im alten Ortskern einkaufen gehen. Eine Lösung wäre es für ihn, den Raum zu begrünen. „Wir müssen im Frühjahr einfach mal Blumenkübel aufstellen.“ Sein Vorbild ist die Schweizer Straße in Sachsenhausen, wo es zusätzlich an den Blumenkästen Bänke gibt, die vor allem älteren Anwohnern fehlten. Neben mehr Grün hielte Bender auch einen Ensembleschutz für sinnvoll. Es liege viel Fachwerk unter dem Putz. Würde man den sichtbar machen, erhöhe das die Aufenthaltsqualität im Ortskern, findet Bender.
Ralf Naß leitet die Schreinerei Block in Alt-Heddernheim, eine verwinkelte Zufahrt führt zur Werkstatt, die in einem Gebäude in zweiter Reihe liegt. Naß macht bei Altbauten den Innenausbau, kümmert sich um Einbruchsschäden. Laufkundschaft braucht er nicht. Es sind meist Privatkunden, die er betreut. „Wir könnten auf dem Mond sein, das spielt keine Rolle“, sagt er.
Für ihn selbst als Kunden aber, der in Heddernheim lebt, da spiele es schon eine Rolle, dass immer mehr Läden auf der Heddernheimer Landstraße geschlossen haben. „Die Leute, die hier wohnen, bemerken erst, dass die Vielfalt und Qualität der Beratung fehlen, wenn sie weg ist – und beschweren sich dann.“ Dass sie aber mit ihrem Einkaufsverhalten einen Einfluss auf die Vielfalt der Läden haben, darüber seien sich viele nicht im Klaren.
Drei bis vier Läden hätten in den vergangenen fünf Jahren dichtgemacht, bestätigt der scheidende Vorsitzende des Gewerbevereins, Dieter Schmitt. Statt vier Metzger, wie vor 20 Jahren, gebe es nun nur noch einen.
Viele der Geschäftsleute äußern ihre Unzufriedenheit mit der Ortspolitik, die die Interessen Alt-Heddernheims nur schwerfällig vertrete und ihre Politik eher auf das Nordwestzentrum orientiere. Marcus Bender will jetzt die Eigeninitiative der Gewerbetreibenden stärken. Er will noch mehr Veranstaltungen etablieren, Projektgelder bei der Wirtschaftsförderung beantragen. Er appelliert an die Gewerbetreibenden: „Wenn du mit großen Läden in Konkurrenz trittst, kannst du nicht überleben.“
Gute Chancen haben Geschäfte, die Nischen bedienen, so wie die „Italienische Bäckerei“ in Alt-Hedderheim oder der portugiesische Supermarkt „Aveirense“, der seit vier Jahren eine seiner drei Filialen in Heddernheim hat. Die Kunden kommen aus einem großen Umkreis, erzählt Carla Dias, die dort täglich im Geschäft steht. Das Angebot sei speziell, daher sei ein großer Supermarkt keine Konkurrenz für sie. Für die Heddernheimer ist der Laden dennoch ein Anlaufpunkt für Alltagsprodukte.
Während einige befürchten, dass der Schwund der Geschäfte anhält, ist Marcus Bender optimistisch: „Wir machen Heddernheim klein und fein.“
Artikel Frankfurter Rundschau, vom 17.01.2018.Von Klaas Mucke